Zur heutigen Grundsatzrede von Kommissionspräsident Barroso vor dem EU-Parlament erklären Rebecca Harms, Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA im Europäischen Parlament und Jürgen Trittin, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag:
"Barrosos klare Absage an einen Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone und sein Bekenntnis für mehr Europa als Antwort auf die Krise sind das richtige Signal. Die Finanz- und Schuldenkrise in Europa belegt: Die Währungsunion kann nur in einer starken Wirtschaftsunion funktionieren. Wir brauchen eine gemeinsame Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik in der EU. Den gefährlichen wirtschaftlichen Ungleichgewichten zwischen den EU-Mitgliedsstaaten muss gegengesteuert werden. Denn übermäßige Überschüsse einiger Länder werden ebenso wie übermäßige Defizite anderer Länder stets Ursache solcher Krisen sein.
Es ist daher sehr zu begrüßen, dass sich das Europäische Parlament in den einjährigen Verhandlungen gegen die Blockadehaltung der deutschen Bundeskanzlerin durchgesetzt hat: Zukünftig gilt die makroökonomische Überwachung sowohl für die Defizit- als auch für die Überschussländer. Die einen wie die anderen sind in der Pflicht, Korrekturen einzuleiten. Für Deutschland heißt dies: Die Bundesregierung muss jetzt dafür sorgen, dass die Binnennachfrage gestärkt wird - unter anderem durch die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns, wie es ihn im Rest Europas bereits gibt.
Dieses gemeinsame Europa braucht demokratisch kontrollierte, starke europäische Institutionen - kein Gekungel zwischen den Regierungschefs. Barroso hat Recht, wenn er darauf verweist: "Die Kommission ist die wirtschaftspolitische Regierung der Union." Und das Europäische Parlament ist der Kontrolleur dieser Regierung.
Es kommt spät, aber es ist der richtige Schritt, dass die Europäische Kommission nun endlich einen Vorschlag für eine europäische Finanztransaktionssteuer beschlossen hat. Deutschland muss dies unterstützen und darf sich nicht länger durch das Gezicke der Rösler-Partei bremsen lassen. Wir müssen damit die Spekulation an den Finanzmärkten eindämmen und Europa eigene Steuereinnahmen geben, die dringend benötigt werden, damit die Beiträge der Mitgliedstaaten sinken können.
Will man der kommenden Rezession gegensteuern, dann darf man nicht nur sparen. Dringend notwendig sind zukunftsfähige Investitionen in Bildung und Armutsbekämpfung sowie eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in der EU. Nur so lässt sich auch dem schwindenden Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die EU begegnen."