Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#klima    06 | 10 | 2008
Pressemitteilung

Klimapaket: Wolf im Schafspelz? Berichterstatter des Klima-Ausschusses als verlängerter Arm der Industrielobby

Am morgigen "Super-Tuesday" wird im federführenden Umweltausschuss über drei der Berichte des europäischen Klimapakets abgestimmt. Im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit steht die Abstimmung über das Emissionshandelssystem. Rebecca Harms, stellvertretende Vorsitzende der Grünen/EFA Fraktion im Europaparlament kommentiert den Stand der Verhandlungen:

"Morgen bietet sich erneut eine Gelegenheit für die Umweltpolitiker des Europaparlaments zu zeigen, wie ernst es ihnen mit den CO2 Minderungszielen wirklich ist. Europa hat die Chance aus den Fehlern der ersten Handelsperioden des Emissionshandels zu lernen und ein effizientes Instrument für den Klimaschutz zu schaffen.

Doch nicht alle Kollegen scheinen Lehren aus den Erfahrungen der letzten Jahre ziehen zu wollen. So hat beispielsweise mein Kollege Karl-Heinz Florenz zusammen mit anderen konservativen und liberalen Abgeordneten einen Änderungsantrag vorgelegt, der für die verarbeitende Industrie, die in den Emissionshandel einbezogen ist, das System der freien Zertifikatszuteilung zu Grunde legen würde. Eine der wichtigsten Lehren, die wir aus der ersten Handelsperiode ziehen können ist jedoch, dass die kostenfreie Zuteilung von Emissionszertifikaten die Ziele des Emissionshandels untergräbt. Wird der CO2 Preis, wie im Fall der stromerzeugenden Industrie, auf den Preis geschlagen, obwohl die Zertifikate gratis zugeteilt wurden, führt das zu enormen Zusatzgewinnen für die Industrie. Wird jedoch der Preis nicht aufgeschlagen, geht das CO2-Preissignal verloren, das ein klares Ziel des Emissionshandels ist. In jedem Fall aber verschwindet der Anreiz neue effizientere und klimafreundlichere Produktionsmethoden zu entwickeln oder auszubauen.

"Es ist ein Skandal, dass ausgerechnet der Berichterstatter des Klimaausschusses vehement auf die Bremse tritt, wenn es um ambitionierte Klimapolitik geht. Wer sich Änderungsanträge von der Industrie in die Hand diktieren lässt, hat jede Glaubwürdigkeit als Klimapolitiker verloren.

Der Frontalangriff der deutschen Industrielobby gegen das europäische Klimapaket, der sowohl bei vielen deutschen Kollegen als auch bei der deutschen Regierung auf fruchtbaren Boden fällt, gefährdet auch die internationalen Verhandlungen um das Kyoto-Nachfolgeabkommen in Poznan und Kopenhagen. Die Abgeordneten müssen nun also in ihrem Abstimmverhalten zeigen, ob kurzfristige nationale Industrieinteressen für sie schwerer wiegen als der gemeinsame Kampf gegen den Klimawandel."


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